Im Wirbel der Winde

Heute war eigenartiges Wetter: erst kalt und noch teils sonnig, dann drehte der Wind plötzlich auf Südwest und es wurde trotz bedecktem Himmel richtig warm, 16°, dann wurde es wieder heller - und 10° kälter, nur noch 6°, der Himmel etwas bleiern. Also musste man sich ständig an- und ausziehen. Ansonsten kann ich nur von Glück sagen, dass ich den gestrigen Tag so toll erlebt habe bei viel Sonnenschein und gutem Licht zum Fotografieren. Das sieht auch auf den Bildern heute alles ganz anders aus: das Eis ist noch da, aber alles wirkt trübe und dunkel und längst nicht mehr so gewaltig. Oder man gewöhnt sich so schnell daran, wer weiß.


Ich bin heute zur Spitze dieser großen Bonavista-Halbinsel gefahren, auf der auch Trinity liegt, zum Cape Bonavista ganz im Nordosten. War schon rau dort, aber die Lightstation, wie ein solcher Leuchtturm hier heißt, ist historisch, von 1843, und jetzt ein Museum: Man kann sich vorstellen, wie hier einst die Familie des Leuchtturmwärters gelebt hat, der in der Nacht alle zwei Stunden die Gewichte hochziehen musste, die das "Uhrwerk" der sich drehenden Lampenspiegel antrieben. Ich war der einzige Besucher und kriegte eine ausführliche Führung. Der exponierte Felsen ließ die Weite des Atlantiks erkennen, auf dem heute wie gestern viel Eis und dazwischen immer wieder Eisberge trieben. Gewaltig.


Danach habe ich in dem Fischereiort Bonavista Mittagspause gemacht (Coffee and Cake) und mich auf den Weg zu den Puffins gemacht, den Papageientauchern, die in der Nähe von Elliston auf einem Felsen brüten. Da hatte ich leider mein Tele nicht mit, war aber alles voll von den Vögeln. Sie sehen nicht nur lustig aus, sondern "fliegen" auch sehr lustig, nämlich plump mit viel Geflattere, - das reicht nur, um ins Wasser zu kommen, da sind sie dann in ihrem Element.

Schließlich wollte ich noch eine längere Wanderung, einen Zwei-Stunden-Rundweg machen, den Fox Island Trail, in der Nähe von Trinity. Es gibt einige sehr gut ausgebaute und beschilderte Trails hier auf Bonavista Peninsula, Discovery Trails genannt und als ein Netzwerk beworben. Der Himmel wurde aber immer dunkler, es sah alles auch gar nicht mehr so schön aus, obwohl der Weg eigentlich dem gestrigen Skerwink Trail benachbart und sehr ähnlich ist, und gestern konnte ich mich ja kaum mehr einkriegen vor Begeisterung. Anderes Wetter, andere Sicht, andere Eindrücke, jede Menge Eis, - dennoch hatte ich keine Lust, den ganzen Weg zu laufen und habe ihn etwa bei der Hälfte abgekürzt. So reichte es auch.



Neue Bilder gibt es hier in dem Album von Trinity, in dem auch die gestrigen Fotos enthalten sind. Dort sind auch Fotos von dem vereisten Hafen von Bonavista zu sehen sowie vom "Dungeon Cave", einem Felseinbruch an der Küste, so dass man das Meerwasser wie in einem Krater sieht. Das erste Foto von heute mit dem blauen Haus zeigt einen Teil des schönen Artisan Inn Trinity, in dem ich hier logiere. Dazu gehören mehrere solcher Häuser, ein kleiner Ortsteil für sich. Morgen geht es schon wieder weiter Richtung Westen, auf dem Weg zum Gros Morne Nationalpark an der Westküste, mit einer Zwischenstation.

Ach ja, heute habe ich meinen ersten Elch gesehen, stand am Straßenrand und schlug sich dann in die Büsche. Es war aber ein kleinerer, wohl ein Jungtier vom letzten Jahr. Foto also Fehlanzeige. - Unfälle mit Elchen (moose) gehören zu den häufigsten Unfällen in Neufundland, wird immer wieder gewarnt. Ich hab davor enormen Respekt, denn es sind wirklich große Tiere. Aufmerksamkeit beim Fahren ist also immer nötig.

Trinity church
Apropos Fahren. Die klassifizierten Straßen sind fast alle asphaltiert, aber oft in schlechtem Zustand. Es gibt sehr viele Schlaglöcher (potholes) und Abbrüche der Fahrbahn zu den Rändern hin. Man muss sehr aufmerksam sein, und die zugelassenen 80 km/h sind oft zu viel. Man sieht meist erst kurz vorher, ob die Schäden nur oberflächlich an der Asphaltschicht oder doch tiefer, eben potholes, sind. Manche sind ausgebessert, aber das hält nicht. Am starken Verkehr kann es nicht liegen, denn den gibts hier nicht. Vermutlich ist es eine Folge der Witterung, also dem Wechsel von Frost- und Tauwetter. - Die zweitwichtigste Aufmerksamkeit gilt den Elchen. Auch wenn man die Straße oft für sich hat: entspannt fahren ist anders. Nur der Trans Canada Highway war bisher sehr ordentlich. Da darf dann sogar bis 100 km/h gefahren werden. Elche gibt es aber auch da!

Hafen - Restaurant Trinity
Sonst ist aber alles easy, die Menschen sind sehr nett, offen, freundlich und hilfsbereit, ein kleines Schwätzchen im Geschäft geht immer und ist beliebt. Hier hastet keiner am anderen vorbei. Es ist eben doch ein sehr abgelegener Winkel der Welt, da hält man zusammen. Trinity ist sogar ein touristischer Hotspot, und auch hier ist nur ein bisschen weniger Einsamkeit. Ein paar Meter aus dem Ort oder von der Straße ist gleich wieder einsames Land, Wald oder Tundra. Die Beschilderung ist durchweg gut, und touristisch wird wirklich viel getan. Sie bleiben dran, die Newfies! Ein schönes, ein herbes Land!

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