Die Herrlichkeit von Avalon

Nachdem ich mir eben eine Pizza (tiefgekühlt, aufgebacken) reingezogen und ein paar Bier bereit habe und das Zimmer allmählich warm ist, kann ich loslegen. Das Motel ist noch ganz leer, Restaurants gibts hier im Örtchen St. Bride's nicht bzw. haben noch geschlossen (Vorsaison), aber eine gut ausgestattete Küche ist da, also bin ich im Tankstellen-Shop einkaufen gegangen (mehr gibts hier nicht), auch wenn das alles nur riesige Familien-Sparpackungen sind, aber so ein bisschen Improvisation ist das Salz einer Reise: Ich liebe das.



Heute habe ich die Avalon Wildernis durchfahren, viele tolle Ausblicke genossen, die Tundra erlebt, bei immer sonnigerem Wetter Neufundland von einer neuen Seite kennengelernt. Der Höhepunkt war dann der Vogelfelsen am Nachmittag...
Es ist wirklich eine einsame Gegend. Autofahrer grüßen sich per Handzeichen. Auf 70 km kamen mir gerade mal 3 Autos entgegen. In großen Abständen gibt es kleine Dörfer an einem Fluss oder am Meer, wo man fischen konnte. Sonst die unendliche Weite der arktischen Tundra, die hier weit bis in den Süden reicht. Leider habe ich heute keine Caribous gesehen, wie die Rentiere hier heißen. Aber viele tiefblaue kleine Seen (die Sonne schien am blauen Himmel!) und Tümpel, die noch braune Graslandschaft mit kleinen Büschen und viel Flechten. Dann immer wieder Ausblicke in ein sanftes Flusstal oder eben zur Küste hin auf den blauen Atlantik, herrlich. Ich habe nur wenige Bilder hochgeladen, weil das doch trotz ordentlichem Internet immer lange dauert. Es gab sogar mal bewaldete Berge (Tundra-Fichten, "spruce") mit einem Canyon und einem Wasserfall, wurde gleich mitgenommen.



Überall war ich alleine - fast, denn zweimal traf ich folks aus dem Hotel morgens, die auf derselben Route sind. Ansonsten Einsamkeit, Weite, Himmel, - herrlich!! Und das Meer mit der grandiosen Küste, unbeschreiblich. Ich schaue meine Fotos an und muss sagen: Sie geben nicht annähernd wieder, was in Wirklichkeit zu sehen und zu erleben ist. Das framing schneidet fast alles Wesentliche weg, übrig bleiben etwas banale Küstenlandschaften und Hochflächen,  die eintönig und leer scheinen. Nichts davon stimmt. Die Landschaft ist grandios: herb, aber von wilder Schönheit, unbeschreiblich. Mir fällt als Vergleich immer wieder Galapagos ein, obwohl das nun doch auch wieder unvergleichlich ist.



Denn es wimmelt auch hier von Leben, vor allem an den Küstenfelsen: die Vögel! Sie sind überall, aber einen ganz besonderen Punkt habe ich dann nachmittags besucht: St. Mary's Ecological Reserve an der Südspitze Avalons. Das sind einige Felsen, die ideale Brutplätze für Seevögel bieten. Die hier sind allerdings besonders: besonders beliebt bei den Vögeln (es gibt tausende hier), und beliebt bei den Menschen, denn man kommt als Besucher unvergleichlich nah heran an die Klippen. Da sieht man jetzt die großen Tölpel brüten (Gannets), dazu zwei Lummen-Arten und diverse Möven, große seagulls und kleinere doves. Alke soll es auch geben, habe aber keine gesehen. Dafür war ich fasziniert von dem Gewimmel auf den Vogelfelsen mit Balzritualen und Revierkämpfen in all der Enge, nur wenige Meter vom Besucher entfernt - so etwas kannte ich bisher nur vom Fernsehen. Hier gibts das live und gratis. Das visitor centre ist informativ und kostenlos, non-profit organization. Ich konnte mich vom Schauen kaum losreißen, dazu das herrliche Wetter, strahlend blauer Himmel und Sonne, die es richtig warm machte. So wurden tatsächlich am Autothermometer mal 10° angezeigt. Die Sonne schafft natürlich mehr.


Es ist leicht, mit dem 300 mm Zoom-Objektiv die brütenden Vögel zu fotografieren, aber eine Kunst, sie im Fluge gut und scharf zu erwischen. Dazu braucht man Geduld und, wie ich merkte, eine Zeitlang Beobachtung: Wie fliegen sie normalerweise, wo drehen sie ihre Kurven und aus welcher Richtung kommen sie meistens wieder; dann kann man aus etwas größerem Abstand einen Vogel anvisieren, kontinuierlich fokussieren (merkte: der Autofokus meines Objektivs ist entschieden zu langsam) und dann irgendwann hoffentlich im rechten Moment eine Serie schießen. Die Ausbeute guter Bilder ist dennoch sehr gering, aber ein paar sind doch recht gut geworden, denke ich.



Die Fotos von heute befinden sich im selben Album wie gestern, also das mit Namen Avalon-NFL 2017. Für weitere Ziele gibt es neue Alben. - Ach ja, bin heute zum ersten Mal draußen eine Zeit lang nur im Pullover gegangen und habe im Auto im T-Shirt gesessen, wow :-) Natürlich habe ich auch wieder einige nette Leute getroffen, aber das alles zu erzählen, würde jetzt zu lang werden. Es war wieder ein toller Tag - und Neufundland ist einzigartig und gewaltig. -



Übrigens herrscht draußen jetzt dichter Nebel - mein Motel liegt direkt an der Steilküste. Morgen geht es auf einer längeren Fahrstrecke rauf in den Norden zur Trinity Küste, ein weiteres Highlight. Was will man mehr...

Cape St. Mary

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